Wer dem Winter mit dem Rennrad entfliehen will, landet meist bei den gängigen Zielen im Mittelmehrraum oder auf den Kanaran. Dieser Touren-Tip soll eine Anregung sein, den Blick auch einmal auf Ziele zu richten, die als Rennradrevier bisher noch nicht in Betracht gezogen wurden. In unserem Fall ist das Ziel das äthiopische Hochland, genauer der Blaue Nil.

Von unserem Startpunkt, der äthiopischen Haupstatdt Addis Abeba sind es gut 200 km bis zur Schlucht des Blauen Nils. Wir planen die Tour mit Zwischenübernachtungen, daher nehmen wir Wechselwäsche im kleinen Rucksack (ca. 4 kg) mit. Als Basis dient uns das  Addis Regency Hotel. Im Stadtteil Piazza liegt es verkehrsgünstig  für den Start Richtung Norden. Der Stadtrand ist von hier in etwa 15 bis 20 Minuten erreicht. Es geht gleich bergauf, da wir zunächst die Bergkette der Entoto-Mountains überqueren müssen, die sich nördlich der äthiopischen Haupstadt erstrecken. Der Übergang liegt auf etwa 2800 Metern, Addis selbst liegt auf ca. 2400 Meter Seehöhe.

Nach kurzer Abfahrt verläuft die weitere Tagesetappe nun in Höhen zwischen 2400 und 2600 Metern über die sanften Hügel des Hochlandes. Die Quallität des Asphalts ist insgesamt gut, der Verkehr mäßig. Die meisten Verkehrsteilnehmer fahren in der Regel aufmerksam, da jederzeit auch mit Kühen und Eseln auf der Fahrbahn zu rechnen ist. Beim Überholen wird genügend Sicherheitsabstand eingehalten. Da wir in regelmäßigen Abständen kleinere Ortschaften durchqueren, ist die Versorgung mit Mineralwasser und Snacks kein Problem. Nach 100 Kilometern erreichen wir die Abzweigung zum Wallfahrtsort Debre Libanos. An dieser Kreuzung liegt das Etho-German-Hotel. Die von einer deutschen geführte  Unterkunft und das angeschlossenen Restaurant bieten sich zur Übernachtung an.

Am folgenden Tag steigt die Route zunächst beständig an. Es gilt den höchsten Punkt der Tour mit über 3100 Meter zu überqueren. Die Steigung bleibt aber stets moderat. Trotz der großen Höhe können wir ohne Probleme in kurzem Trikot und kurzer Hose fahren. Jetzt im November und Dezember ist hier die Ideale Zeit, um mit dem Rennrad unterwegs zu sein. Keine Wolke tübt den Himmel, die Temperaturen betragen etwas über 20 Grad.

Das äthiopische Hochland ist stark von der Landwirtschaft geprägt, allerdings eher so, wie in Mitteleuropa vor 200 Jahren. Dass heißt, jeder Halm wird mit Sense und Sichel geschnitten, mit dem Esel zum Hof gebracht, wo Ochsen über das Getreide getrieben werden, um die Körner aus den Ähren zu lösen. Anschließend wird mit Hilfe des Windes die Spreu vom Weizen getrennt. Am Ende des zweiten Tourentages ereichen wir den Ort Goha Tsion am oberen Rand der Schlucht des Blauen Nils.

Die Unterkunftsoptionen sind hier zwar „very basic“, aber eine warme Dusche und gute Pasta bieten alles Notwendige. Am foldenden Morgen deponieren wir unser Fahrtengepäck in der Unterkunft, und stürzen uns in die 22 km lange Abfahrt hinab in die Schlucht. Ziel ist die neue Brücke, die am Grund des Canyons den Nil überspannt. Hier auf etwa 900 Metern Seehöhe kann es besonders um die Mittagszeit recht heiß werden.

Nach kurzer Verschnaufpause geht reture. Auf dem Anstieg zurück nach Goha Tsion sind nun immerhin über 1400 Höhenmeter zu absolvieren. Die Steigungsprozente bleiben bis auf wenige Ausnahmen im einstelligen Bereich. Genug Zeit also, um die tollen Ausblicke, denen auf der Abfahrt nicht genügend gewürdigt werden konnte, zu genießen. Die Auffahrt vergeht so schneller als gedacht. Auf halber Höhe passieren wir eine kleine Ansiedlung, die willkommener Stop für kalte Getränke ist. Kurz vor Erreichen des Schluchtrandes bietet  eine tolle Kehrengruppe noch einmal Abwechselung. Bald darauf ist Goha Tsion wieder erreicht.
Der Weg zurück führt nun auf der vom Hinweg bekannten Route.

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