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Jähes Ende einer Reise – Überfallen in Trento

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Angekommen sind wir, aber nicht dort, wo wir hinwollten. Wie so oft, waren wir wieder Richtung Süden unterwegs. Morgens sind wir um 8 Uhr im Münchner Osten gestartet. In Trento nach 330 km nahm an unserem bewährten Rastplatz im Park die Geschichte einen unerwarteten Verlauf.

Auf meiner Pausenbank schien das Licht einer Laterne, wenn ich blinzelte. Niels, mein Partner, platzierte sich eine Bank weiter. Sein Rad lehnte an einem Baum zwischen uns und meins gleich bei mir an der Banklehne.

Plötzlich hörte ich hinter mir einen Freilauf und dachte: „Was macht Niels jetzt mit seinem Rad? Testet er was? Langsam erhob ich mich und sah mich um. Sofort war ich auf den Beinen. Ich konnte gar nicht glauben, was da gerade ablief, bis ich begriff, da machte sich jemand mit einem unserer Räder aus dem Staub.

Niels lag am Boden. Ich dachte schon, der Geflüchtete hätte ihm eine verpasst und sich dann sein Rad geschnappt. Doch so war es nicht ganz. Er war aufgesprungen, als er bemerkte, wie jemand ungeschickt auf sein Rad stieg und wollte hinterher jagen.

Im rechten Oberschenkel ist durch die plötzliche Beanspruchung ein Muskelstrang gerissen, so dass dieser seinen Dienst versagte und Niels zu Boden ging. Mit Mühe erhob er sich und konnte das rechte Bein vor Schmerzen nicht mehr ausstrecken. Erträglich war es nur im angewinkelten Zustand.

Jetzt waren wir in einer anderen Geschichte unterwegs. An unseren langjährigen Südtiroler Radfreund Hannes schickte ich die Nachricht: „Bist Du noch wach?“ Das war um 3:38 Uhr. Im Netz suchte ich nach einer örtlichen Polizeistation und fand eine, die rund um die Uhr Dienst hatte. Eine Telefonnummer stand dabei.

Anrufen? Wir können beide kein italienisch und können uns dann nicht richtig verständlich machen. Ich wählte die Nummer, aber es nahm keiner ab. Auf der Karte checkte ich, wo sich die Station befand. Mitten in der Nacht im unbekannten Gebiet zu navigieren, erschien mir schwierig. So wählte ich die Nummer von der Polizeistation ein zweites Mal.

Die Verständigung war, wie erwartet, schwierig. Doch reichte es, um im Ergebnis den Notruf 112 zu wählen. Irgendwie kam es mir vor, als wenn alles verzögert ablief. Der richtige Schritt in diesem Fall der Notruf. Mit eingeschaltet war eine Übersetzerin, die den Rettungskräften, unseren Fall verständlich machen konnte. Polizei- und Rettungswagen kamen einige Zeit später und halfen uns aus dieser mißlichen Lage. Ein Polizist sprach deutsch, so dass wir den Hergang erläutern konnten. Danach ging es ins Krankenhaus. Ich fuhr dem Polizeiwagen nach.

Dort wartete ich. Niels informierte in seiner Wartezeit Hannes, was passiert war. Der Tag war inzwischen angebrochen, und Hannes ist da. Niels steht mit der Bandage zwar wieder auf den Beinen, kann aber nur langsam gehen. Hannes unterstützt uns bei der Polizeianzeige und setzt uns in Bozen in den IC nach München. Die Plätze an der Wand in unserem Schlafzimmer sind leer. Mein Rad hat Hannes in Obhut genommen. Niels Rad ist wohl für immer fort. Das Ende einer Reise.

4 Kommentare

  1. Schöne Sche….

    da fragt man sich, ob man es positiv sehen soll‘, dass einem selbst nichts passiert ist,
    sondern lediglich der materielle Schaden – die Verletzung von Niels einmal abgesehen –
    entstanden ist.

    Euch – unbekannterweise – alles Gute.

    Gruss, Mario

  2. Herzlichen Dank, Mario. Ja, wer weiß, was der Flüchtige noch so parat gehabt hätte. Klar, sind mit dem Rad auch Erinnerungen verbunden, die mit dem materiellen Verlust entschwunden sind. Zugleich sind wir froh, dass es nicht noch schlimmer geworden ist und schauen jetzt, wie es weiter geht. Grüße aus dem Voralpenland

  3. Unglaubliche Geschichte, aber leider hört man das gelegentlich, dass Radfahrer nachts überfallen werden. Aber mit dem Risiko müssen wir leben, Hauptsache, Euch ist nichts passiert Wäre vielleicht doch nützlich, ein Photo des Rades auf facebook zu stellen, damit möglichst viele es teilen, dann lässt es sich zumindest schwerer weiterverkaufen, laßt Euch nicht entmutigen und behaltet die Freude an Euren Touren,

  4. Ja, Thomas, da waren wir in Kenia, Äthiopien oder Mosambik mit dem Rad unterwegs. Doch sowas haben wir dort nicht erlebt. Unser Südtiroler Radfreund hat auf Facebook Bilder vom gestohlenen Langstreckenrad gestellt. Vermutlich ist es bereits in seine Einzelteile zerlegt. Die Zeit wird es richten. Es geht vorbei, und Neues erscheint am Horizont. Geduldig ist es allemal.

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