Das Kaunertal spielt in meiner Radfahrgeschichte eine große Rolle. Hier entdeckte ich meine Leidenschaft, bergauf zu fahren und alpine Klimazonen aus eigner Kraft zu durchqueren. Die lange Abfahrt danach ist psychologisch. Unterlenker fahren ist die sichere Option, die ich dort erstmalig anwendete. Meine Hände sind klein und brauchen für eine solche lange Abfahrt eine sichere Position. Damals sind wir in Prutz gestartet.
Der Startort gestern war bei Arzl. Als erstes ging es also hinauf zur Piller Höhe und runter zur Kaunertaler Gletscherstraße. Das zeigt einem, was da am Schluss auf einen wartet: steiles Gelände in der Nachmittagshitze. Erst dann ging es bergauf zur Mautstation, zum Stausee und zum Gletscher auf 2750 Meter Meereshöhe. Nach einer Stärkung oben auf der Terrasse des Gletscher Restaurants folgte die rauschende Abfahrt. Sie endete im Anstieg zum Kaunerberg. Hinzu kam die Hitze.
Die letzten Male bin ich hier durchgefahren. Gestern habe ich an einer einmündenden Hofstraße für den letzten Rest des Kaunerbergs eine Trinkpause gemacht. Auch an Kehre 7 oben hatte ich im Anstieg zum Kaunertaler Gletscher einen kurzen Versorgungstop eingelegt, was ich in den Vorjahren vor meinem Radsturz im März 2022 auf Gran Canaria nicht gemacht habe.
Das ganze strengte mich dieses Mal körperlich und mental sehr an. Das Bergtraining auf Gran Canaria lag ein Stück entfernt. Der entscheidende Punkt war jedoch die Kombination der Faktoren, die mitspielten, so dass mein Zutrauen, es zu schaffen, im Keller war. Am Vortag waren wir beim Dolomites Bike Day unterwegs. Da sind 80 Kilometer und über 2100 Höhenmeter zusammen gekommen.
Das morgendliche Verlegen zum Start bei Arzl war ein Stresspunkt, wie ich fand. Die Piller Höhe, besonders der Scharfrichter am Schluss, hat meine Aussicht ziemlich eingetrübt. Dazu hatte ich die letzten drei Kehren oben am Kaunertaler Gletscher steiler in Erinnerung. Da war ich fast überrascht, als ich feststellte, dass es zur letzten Kehre, Kehre Nummer 1, sich vergleichsweise gut rollen ließ. Oben angekommen, war ich sehr erleichtert. Die Aussicht am Gletscher wollte ich keinesfalls verpassen. Das hatte bei mir den Druck im Vorfeld ebenfalls erhöht.
So bin ich jetzt sehr dankbar und glücklich, diese Tour geschafft zu haben und gegen meine Kraftdefizite und Zweifel angefahren zu sein. 115 Kilometer und 3254 Höhenmeter galt es, dabei zu bewältigen.