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Hochzeitstag in Prag

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Eineinhalb Stunden nach Mitternacht klingelt bei uns am 20. Juli 2019 der Wecker. Die WetterApp zeigt 17 Grad an. Ich beschließe endgültig, auf unsere heutige Reise nach Prag keine dünne Windjacke mitzunehmen. Regen und Gewitter erwarten uns auf der Strecke nach Nordost nicht. Die Beleuchtung fällt etwas schlichter aus als auf Fahrten 600-Plus. Einen guten Cappuccino zur Abfahrt gönne ich mir. Dann heißt es Müsli fassen, und los geht es kurz vor 3 Uhr. Die Luft ist draußen sommerlich mild. Über die Felder streichen Gerüche, die am Tag sich im Trubel und Verkehr verlieren. Dazu leistet der abnehmende Mond uns Gesellschaft, so dass es nicht so finster ist, zumal wir ab der kleinen Ortschaft Reisen bekanntes Terrain verlassen und die Richtung nach Landshut einschlagen.

Gegen 5 Uhr dämmert es. Nach 50 Kilometern halten wir für einen Riegel. Der Tag erwacht, und es ist Zeit für einen Cappuccino mit ofenfrischer warmer Brezen. Es läuft, wie geplant, zügig.

In einer Mengkofen spüre ich einen Steinschlag am Vorderrad. Der tubeless Reifen Conti 5000 ist sofort platt. Ein spitzer Stein lag auf der Straße. Er riss den Reifen an der Seitenwand so stark auf, dass Pannenmilch nicht mehr half. So muss ein Schlauch rein. Mit der dickflüssigen Pannenmilch ist das eine schmierige Geschichte und dazu kein Wasserhahn oder Ähnliches in der Nähe. Zum Glück haben wir Papier- und ein paar Putztücher dabei. „Sollte die Fahrt nach 100 Kilometern jetzt beendet sein“, geht es mir durch den Kopf. „Ich wollte wollte doch so gern nach Prag fahren.“ Darauf hatte ich mich eingestellt. Endlich mal wieder eine spannende Aktion. Dass das Hotel gebucht und die Zugfahrt bereits bezahlt fahren, daran dachte ich in dem Moment nicht.

In Straubing beim Bäcker beschließen wir, beim Stadler einen neuen Reifen zu besorgen, auch wenn es bis 9 Uhr noch Zeit ist. Die nutzen wir, um Getränke für die Weiterfahrt im Supermarkt zu fassen. Brunnen wie im Alpenraum sind auf der Strecke leider nicht zu finden. Es gibt einen neuen Conti 5000 28 mm. Damit sollte es keine Probleme geben. In Bad Kötzing rüsten wir uns für den Aufstieg zur Grenze über den Kamm des Bayerischen Waldes, der auf über 700 Meter liegt. Es ist eine kleine wenig befahrene Straße durch den Wald. Nach dem Passieren der Grenze geht es wellig weiter. Hier wartet das Gros der Höhenmeter. Der Blick reicht weit ins Land hinein. Die Hitze des Tages macht sich mehr und mehr bemerkbar. Wald und Felder wechseln.

Der Wald spendet angenehmen Naturschatten. Kalte Getränke sind nun nötig. Die Coop-Märkte in den kleineren Orten sind am Samstag leider geschlossen. So bleiben nur offene Gaststätten und Wirtschaften, um Abkühlung zu bekommen. In Klatovy können wir uns in einem Lidl versorgen und zugleich Geld tauschen. Wir fahren an Sommerfeldern vorbei. Es riecht wie in meiner Kindheit nach frischem Korn. Mähdrescher sind im Einsatz. Hochsommer ist Erntezeit. Die Straßenqualität durch die ländliche Region ist gut.

Durch die langwierige Pannen- und Flickaktion ist die Zeit zum Druckfaktor geworden, so dass wir ein zügiges Tempo vorlegen. Schon von weitem ist Prag am Horizont zu sehen wie eine ferne Welt, die sich vom Landleben klar unterscheidet. Gute 20 Kilometer vor Prag stehen wir eine Viertelstunde vor einer geschlossenen Bahnschranke. Das stresst. Es geht bergab bis zu einer letzten kleinen Welle. Danach ist die Einfahrt zur Stadt an der Reihe. Wir sind auf der linken Moldauseite unterwegs. Dort gibt es für einen Abschnitt einen Radweg am Fluss, der leider nicht bis in die Innenstadt führt. So müssen wir auf die Straße zurück und fahren bis zu einer Brücke, um die Moldau zu queren. Auf der rechten Seite teilen sich Autos und Tram die Straße.

An der Karlsbrücke ist Massenauflauf, so dass wir uns zu einer nahegelegenen Brücke für ein Ankunftsbild durchschlagen. Von dort ist es nicht mehr weit bis zum Hotel. Kurz vor 20 Uhr checken wir im Rott ein. Wasser mit Eiswürfeln ist nach dieser Fahrt ein Hochgenuss. Was für eine Oase! Nach solchen Anstrengungen sind es die einfachen Dinge, die bestechen. Bier und sonstige Rauschgetränke zum Aufhellen der Stimmung sind unnötig. All das macht der Körper selbst, allerdings wohl nur außerhalb seiner Komfortzone.

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