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Fahrt im Nebel

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Der diesjährige Ötztaler Radmarathon war besonders. So schwer habe ich mich in Sölden noch nie getan. Lampenfieber hatte sich an den Vortagen schon eingestellt. Das Wetter ließ nichts Gutes verheißen. Nach einem gigantischen Sommer drehte sich ein Tief im Süden und brachte ergiebigen Regen. Der Tag vorm Start war feucht und fieberte in Vermutungen, ob die Straße zum Start trocken sein würde. Das war sie am Ende tatsächlich, so dass die Regenhose im Fahrzeug und die Regenjacke in der Radhalterung blieb. Maximal waren es sieben Grad.

Ich nutzte die bewährte Handschuhkombination von der nassen Abfahrt vom Timmelsjoch aus dem Jahr 2014. Arm- und Knielinge No Rain sollten Kälte und Feuchtigkeit abhalten. Von 2014 wusste ich, wie kalt die Knie geworden waren, weil ich nur eine kurze Radhose anhatte. Ein Schutzblech war ebenfalls an Bord. Ein nasser Hintern sorgt für Kälte. Sehr gut bewährte sich das Gabba-Trikot. Bis über das Kühtai passte es soweit. Doch der Regen auf der Abfahrt ließ die Kälte in mich dringen, dass ich anhielt, um meine Regenjacke anzuziehen. Vor Nervosität bekam ich den Reißverschluss nicht auf, um sie aus ihrem Täschchen zu nehmen. Hilflos blickte ich um mich. Da stand auf der anderen Seite auf meiner Höhe ein Streckenposten, den ich hereinwinkte. Er half mir aus meiner Notlage. Ich war so dankbar, dass ich weiter fahren konnte und der Oberkörper schön warm blieb.

Die Füsse waren indessen klitschnass bis ins Ziel. Im Tal war es ein Stück weit wärmer, aber feucht. Nässe war nun von oben und unten gebucht. Die meisten fuhren ohne Schutzblech, so dass es spritzte. Es nützte nichts, lieber Spritzwasser in Kauf nehmen, als alleine fahren und Körner lassen. Oben am Brenner steckte ich die Jacke ins Trikot. Runterwärts war es von oben weitestgehend wie auch auf der Jaufenauffahrt trocken. Unterstützung und Trost von Freunden und Helfern auf der Strecke halfen mir, dass ich die Passhöhe vom Jaufen nun passieren konnte. Mental war ich am Limit. Der Nebel hing dicht in der Abfahrt, die ich vor wenigen Wochen bei Sonne hochgefahren war. Zum Glück. So kannte ich die neue Galerie da oben. Furcht vor ähnlichen Verhältnissen am Timmelsjoch machte sich breit. Im Rückblick hatte der Nebel etwas Mystisches. Er vernebelte nicht nur die Strecke, sondern auch meine Entschlusskraft.

Ich konzentrierte mich auf St. Leonhard und hoffte dort auf Sonne, weil in Südtirol doch immer Sonne ist. Leider war dies nicht der Fall. Im ersten Abschnitt am Timmelsjoch gingen immer wieder Nieselschauer nieder. Doch es hellte sich auf wie auch meine Entschlusskraft aus dem Nebel auftauchte. Endlich konnte ich wieder Sonne sehen. Obgleich ich noch zwei Gels hatte, nahm ich von Schönau zur Sicherheit zwei Gels mit. Der Toilettengang war jetzt dringlich geworden. In der Wand rechnete ich und kalkulierte die Strecke, die ich auswendig kenne. An der letzten Trinklabe in der Fünferkehrengruppe fuhr ich vorbei, nahm stattdessen ein zweites Gel. Denn jetzt wollte ich Sub 10 doch noch in Angriff nehmen. Außerdem rückten dunkle Wolken heran. So zögerte ich nicht mehr am Abschlusstunnel in der Wand und fuhr ohne Halt zur Passhöhe durch und hinab Richtung Gegenanstieg zur Mautstation. Der Rettungsring war hier nicht erlaubt wegen des Zeitziels.

Letzte Bodenwellen sind es dann in der folgenden Abfahrt. Ab Zwieselstein ließen Windböen mit Sprühtropfen mich etwas vorsichtiger fahren. Wegen eines Servicefahrzeugs auf meiner Fahrspur musste ich manövrieren und nach links auf die längere Spur rüberziehen. Die Zieleinfahrt war nach meinen Zweifeln auf der Strecke eine Riesenerleichterung, wobei mir klar war, dass ich bei diesem Wetter meine Vorjahreszeit nicht verbessern konnte. Sub 10 habe ich um eineinhalb Minuten verpasst. Schade. Auf dem Podium war dagegen für mich noch ein Platz frei.

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