Start Competition Die richtige Boxenstopp-Strategie

Die richtige Boxenstopp-Strategie

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Quelle: Osenberg

Wir haben bisher ausreichend über Berge und Streckenlänge gesprochen. Das Training für den Ötztaler war in den vorangegangenen Folgen in erster Linie nur auf diese beiden Aspekte ausgerichtet. Aber letztendlich entscheidet über ein gutes Abschneiden beim Ötztaler nur ein einziger Faktor: die Zeit! Wenn Ihr in der Ergebnisliste vor den anderen stehen wollt, müsst Ihr eben früher ankommen. Das funktioniert, indem Ihr einfach schneller fahrt. Noch schneller? Ihr merkt: das scheint gar nicht so einfach. Aber wo soll dann die Zeit herausgeholt werden?

Habt Ihr schon mal das Wort Labe gehört? Labe heißen die vier Verpflegungsstellen auf der Strecke des Ötztalers. Und genau an diesen Punkten wird in der Regel eine Menge Zeit verbummelt. Muss man am Kühtai bereits anhalten? Der Dachs startet in Sölden immer mit nur einer vollen Flasche. Erst an der Labe oben am Kühtai steckt er sich dann zwei aufgefüllte Trinkflaschen an den Rahmen. „So bin ich in der Abfahrt schwerer und dadurch viel schneller.“, behauptet der Dachs. Doch verplempert er beim Nachfüllen der Flaschen mehr Zeit, als er bei einer halsbrecherischen Abfahrt jemals wieder aufholen könnte.

Warum also nicht erst an der zweiten Labe am Brenner stoppen? Oder besser noch erst oben am Jaufenpass! Bis dahin schafft ihr es doch bestimmt, oder? Es ist zu bedenken, dass bei jedem Stopp mindestens 5 Minuten vergeudet werden. Da kommt ihr auf der Strecke des Ötztalers locker auf über 20 Minuten Standzeiten an den Labestationen. Irre! So kann das natürlich nichts werden mit einem erfolgreichen Abschneiden.

Osenberg verfolgt deshalb seit Jahren eine andere Strategie. Er hält einfach nicht an! „Du musst nur mit der Verpflegung haushalten können.“, raunte er mir neulich im Vertrauen den Kernsatz seines Geheimnisses zu. Osenberg absolviert den Ötztaler mit 1,5 Litern Wasser, zwei Powergels und einem von seiner Mutter geschmierten Leberwurstbrot. Mehr passt auch nicht in seine Trikottaschen, bzw. in die Flaschenhalter an seinem Rahmen. (Für die Mitnahme des Wurstbrots verzichtet er sogar auf einen Reserveschlauch.)

Um auf diese ernährungstechnisch doch relativ extreme Herausforderung vorbereitet zu sein, hat Osenberg im Vorfeld die außerordentliche Hitze dieses Sommers genutzt. Sein bevorzugtes Revier für dieses Spezialtraining war bisher die Küstengegend Tunesiens mit der angrenzenden Sahara. Letztes Jahr wurde er dort vom medizinischen Service einer Wüstenrallye gerettet. Im Jahr davor geriet er in die Fänge einer Islamistengruppe. Osenbergs Zustand war dermaßen dehydriert, dass sich die Terroristen keine Hoffnung auf Lösegeld machten und ihn schnell wieder laufen ließen. So jedenfalls hat er es mir erzählt. Wie gut also, dass er diesmal bei Temperaturen von annähernd 40 ° Grad in der Sicherheit des heimischen Trainingsreviers zu Übungszwecken mit Flüssigkeitsdefizit unterwegs sein konnte.

Es bleibt noch die Labe am Timmelsjoch. Bisher habt Ihr durch konsequentes Nichtanhalten eine Menge Zeit gespart. Jetzt habt Ihr es gleich fast geschafft. Wozu jetzt kurz vor dem Ziel nochmal anhalten? Und wer möchte denn bitte schwere Wasserflaschen das Timmelsjoch hinaufschleppen? Eure Flachen sind leer. Cerny würde sagen: „Pärfäkt!“

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