Das Höhenprofil beim Ötztaler ist ganz einfach. Nur viermal bergauf. Eigentlich ganz leicht zu merken. Ebenso wie der Streckenverlauf: immer rechts abbiegen. Der ein oder andere erinnert sich vielleicht noch an Osenbergs Malheur in den frühen Nullerjahren. Als er nämlich in angeblich aussichtsreicher Position liegend kurz vor dem Ziel falsch abgebogen ist. Osenberg erzählte mir, „kurz hinter Zwieselstein habe ich den letzten Lutscher mit einem Zwischensprint abgehängt. Damit lag ich uneinholbar in Führung. Der Sieg war mir nicht mehr zu nehmen.“ Blöd nur, dass er sich dann kurz vor dem Ortseingang von Sölden verfahren hat. Die Zuschauer am Streckenrand haben natürlich wild gestikuliert und laut gebrüllt. Aber Osenberg nahm diese aufgeheizte Atmosphäre als Anfeuerung wahr und jagte die 14 % steile Gletscherstraße rauf. Erst nach 14 Kilometern am Rettenbachferner auf 2.830 m Höhe bemerkte er seinen Irrtum. Dort oben brach er dann völlig ein. Wie so oft: Osenberg did not finish.
Besser ist es also sich im Vorfeld Streckenverlauf und Höhenprofil des Ötztalers einzuprägen, damit einem nicht derselbe Fehler unterläuft wie Osenberg damals. Ich selber wende dazu einen simplen Trick an. So gut wie jeden Mittag unterbreche ich die Büroarbeit für eine Stunde und fahre meine Runde nach Ochsenbach. Ursprünglich stammt diese Idee von meinem ehemaligen Arbeitskollegen Cerny. Der tschechische Ex-Profi lebt inzwischen als Frührentner in seinem alten Wohnmobil in Südfrankreich. Wir trainieren nur noch selten gemeinsam in Ochsenbach.
Die Strecke der Ochsenbach-Runde entspricht ungefähr einem Zehntel des Ötztalers. Und sie kommt auch auf ungefähr ein Zehntel der Höhenmeter, verteilt auf ebenfalls vier vom Profil her vergleichbare Anstiege. Lockeres Einrollen nach Nussloch, ähnlich wie die Startphase bis Ötz. Anstatt an anderen Rennfahrern, orientiere ich mich auf diesem Abschnitt an Bussen, Lastwagen und Taxis. „Alte B3 Sprintrampe“ heißt dort ein relevantes Strava-Segment. Dann links ab Richtung Maisbach. Ja, zugegeben, das ist der einzige Unterschied zum Ötztaler: ich fahre die Runde grundsätzlich linksrum.